Einer deutschen Autofahrerin war bereits zum fünften Mal wegen Trunkenheit am Steuer die Fahrerlaubnis entzogen worden. Um den Führerschein neu zu erwerben, hätte sie eine „medizinisch-psychologische Untersuchung“ absolvieren und dort ihre Fahrtauglichkeit nachweisen müssen.
Statt dessen besorgte sich die Frau eine polnische Fahrerlaubnis in Stettin. Dort wurde ihr der Führerschein problemlos ausgestellt, obwohl das deutsche Kraftfahrtbundesamt die polnischen Behörden im Rahmen von Routinemitteilungen darüber informiert hatte, dass die Frau den Führerschein nur nach bestandener MPU neu erwerben dürfe.
Als die heimische Verkehrsbehörde der Autofahrerin untersagte, die Fahrerlaubnis aus Polen in Deutschland zu nutzen, ging die Frau vor Gericht. Sie forderte die Anerkennung ihrer neuen Lizenz und berief sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach jedes Mitgliedsland – also auch Deutschland - Führerscheine aus allen anderen EU-Staaten anerkennen muss (Az. C-476/01).
Die Richter am Oberverwaltungsgericht Münster wollten der Klägerin jedoch nicht folgen: Die EU-Richtlinie zur gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen bezwecke nicht nur die Freizügigkeit der Bürger, sondern auch die Sicherheit im Straßenverkehr.
Dieses Ziel könne aber nicht erreicht werden, wenn die Klägerin, die wegen chronischer Alkoholprobleme offenbar nicht zum Führen eines Fahrzeugs geeignet sei, ohne erfolgreiche MPU mit einem polnischen Ersatzführerschein einfach weiterfahren dürfe. Den polnischen Behörden warfen die deutschen Richter vor, die europäischen Rechtsvorschriften eklatant zu missbrauchen. Die zuständige Verkehrsbehörde darf an dem polnischen Führerschein der Frau nun einen Sperrvermerk für Deutschland anbringen.
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